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Vier Trends bei der Kundenorientierung

„Haben Sie zufriedene Kunden? Ja? Das reicht nicht!“ Dieser provokante Satz stammt von Edgar Geffroy, einem Vordenker in Sachen Kundenorientierung. Das Zitat transportiert gut den Kerngedanken, wie Kundenorientierung heute verstanden wird. Dabei ist der Satz über 20 Jahre alt. Und niemand wird bestreiten, dass absolute Kundenorientierung mit dem Ziel der emotionalen Kundenbindung zu einer der überragenden Maxime geworden ist, ohne deren Verständnis man die Überlebensfähigkeit von Unternehmen in der heutigen Zeit anzweifelt. Kundenorientierung hat sich in den letzten Jahren zu dem bestimmenden Thema entwickelt. Es bewegt die Unternehmenslenker und Vordenker unserer Zeit. Gerade im Zusammenspiel mit Digitalisierung und Innovation bestimmt Kundenorientierung aktuell den Alltag der Unternehmensentscheider über alle Branchen und über alle Hierarchiestufen hinweg.

Doch ist es ein weit gefasster Begriff mit vielen Ebenen. „Kundenorientierung ist die Ausrichtung des unternehmerischen Handelns an den Wünschen und Erwartungen der Nachfrager.“ Ist nur eine von vielen Definitionen zu dem vielschichtigen Kundenorientierungsbegriff.

Einige neue Entwicklungen lassen sich so zusammenfassen, dass Trends erkennbar sind, die nachfolgend skizziert werden.

Trend 1: Individualisierung bei der Kundenorientierung

Aus unterschiedlichen Kundenerwartungen lassen sich unterschiedliche Leistungen und Produkte zu spezifischen Angeboten bündeln. Beispiel Erholungsreise: Der Wunsch nach einem Rund-um-Service führte zum Angebot der Pauschalreise im Jahr 1841 [1]. Seit einigen Jahren gibt es aber den Wunsch nach Individualreisen aus einzelnen Reisebausteinen (z. B. Billigflug, Luxushotel, Konzertkarten), die sich auf spezialisierten Online-Portalen mit einigen Klicks kombinieren lassen [2].

Ein aktueller Trend in der Kundenorientierung ist also die Möglichkeit, dass der Kunde sich seine Angebote nach seinen Wünschen individuell selbst zusammenstellt. Wegbereiter hierfür war die Digitalisierung der Angebote über Datenbanken und Internet-Anwendungen, die Skaleneffekte erlaubte. Waren bislang standardisierte Angebote das Maß der Dinge, wenn es um Orientierung an den Wünschen der Kunden ging, konnte mit der Digitalisierung der Wunsch des Kunden nach Individualität auf effiziente Weise erfüllt werden.

Die Economies of Scale, die zumeist als Preisvorteil an die Nachfrager weitergeben werden, verlagern sich mit den Möglichkeiten der Digitalisierung. Dagegen gewinnt durch die Digitalisierung die Kundenorientierung an Bedeutung, weil die Nachfrager individuelle Angebote erwarten.  Denn die digitale Transformation erlaubt es, dass mehr Erwartungen und Bedürfnisse von einzelnen Interessenten zu günstigen Preisen erfüllt werden können.

Trend 2: Kundenorientierung in der Customer Journey

Die so genannte Customer Journey erlaubt es einem Unternehmen, die Kundenerwartungen von Stufe zu Stufe mit den eigenen Angeboten abzugleichen, um den Sales-Trichter und letztlich die Conversion, also die Rate der Verkaufserfolge zu optimieren. Im Allgemeinen wird die Customer Journey in fünf Phasen untergliedert.

Interessieren Sie sich, wie Customer Journey, Customer Experience und andere ähnliche Begriffe rund um Kundenorientierung zusammenhängen? Details erfahren Sie, indem Sie auf Kundenorientierung Begriff klicken.

In der Phase der Inspiration wird das Bewusstsein für ein Angebot geweckt. In der zweiten Phase wird das Interesse für ein Angebot verstärkt, so dass in der dritten Phase der Interessent überlegt, das Angebot zu kaufen. Hat der Interessent in der vierten Phase konkrete Kaufabsicht, schließt sich die Conversion als fünfte Phase der Customer Journey an. Hier wird das Produkt gekauft, die Kaufabsicht wird also in eine konkrete Handlung überführt.

In jeder Phase müssen Unternehmen und, hier speziell, das Marketing dafür sorgen, dass ein möglicher Käufer an dem Angebot interessiert bleibt. Dabei treten Argumente für ein Produkt in den Phasen vier und fünf in den Hintergrund. Wichtiger werden für einen Interessenten zum Ende der Customer Journey Fragen der Verfügbarkeit, der Vertragsgestaltung (mit Regelungen zu Versand oder Rückgabe) und des Kaufprozesses. Im Normalfall möchte der (Neu-)Kunde den Kauf einfach und komfortabel abwickeln, ohne zu viel von sich preiszugeben. Jede zusätzliche Frage oder weitere Angaben, die erforderlich sind, kann dazu führen, dass ein Interessent den Kauf abbricht. Dann ist die Conversion gescheitert und die Customer Journey ist bereits kurz vor dem Ziel beendet.

Daher ist die Orientierung am zu erwartenden Verhalten der Kunden bei der Gestaltung der Customer Journey sehr wichtig. Er muss z. B. über den gesamten Prozess aufgeklärt werden und jede Dateneingabe muss für ihn plausibel sein. Ein zusätzliches Service-Angebot, das beim Kauf kommuniziert wird, wie etwa verschiedene Zahlungsoptionen, kann sich positiv auf die Conversion-Rate auswirken. Wenn es sich allerdings zum Ende der Customer Journey um Angebote handelt, die vom Interessenten als ungerechtfertigt empfunden werden, wie beispielsweise die Gepäckaufgabe bei Flugreisen, kommt es häufiger zum Kaufabbruch.

Da die Customer Journey durch eine digitale Transformation immer stärker standardisiert wird, ist das Wissen und die Erwartung bei den Nachfragern an eine gute Gestaltung insbesondere der letzten Phasen sehr hoch. Spätestens wenn die konkrete Kaufabsicht besteht, erwartet der Interessent einen First-Class-Service. Diesen Erwartungen muss das Ausmaß der Kundenorientierung entsprechen. Hierbei ist weniger Standardisierung als vielmehr Automatisierung des Prozesses gefragt, wobei auch alle Eventualitäten berücksichtigt werden müssen. Sucht man nach einem konkreten Modell bzw. einer Anleitung hierfür, so stößt man auf das immer wichtiger werdende Customer Onboarding. Customer Onboarding (auch Client Onboarding genannt) ist ein am Fliegen orientierter Prozess, dessen Gestaltung dafür sorgt, dass aus einem Interessenten ein zufriedener Kunden wird.

Trend 3: Kundenorientierung im Business-to-Business

Was ein Unternehmensentscheider im Privaten an Kundenorientierung erlebt, z. B. beim Einkauf über Amazon, erwartet er auch im Geschäftsleben. Ein Unternehmen, das Angebote für andere Unternehmen macht (Business-to-Business), muss sich in seiner Kundenorientierung an dem ausrichten, was im Geschäft mit dem Endverbraucher (Business-to-Consumer) üblich ist. Die Grenzen zwischen Business-to-Business und Business-to-Consumer verschwimmen.

Das gilt sowohl für die digitale Angebotspräsentation als auch für die Gestaltung der Customer Journey. Der Einkäufer eines Unternehmens erwartet im Kaufprozess entsprechend seinen Erfahrungen als Endverbraucher im Privatleben einen voll-standardisierten und automatisierten Kaufprozess von der Bestellung bis zur Bezahlung.

Bei intensiven Kunden-Lieferanten-Beziehungen geht die Standardisierung und Automatisierung der Kaufprozesse sogar so weit, dass die Enterprise-Resource-Planning(ERP)-Systeme von Anbieter und Käufer verbunden werden, so dass der Käufer direkt im System des Anbieters eine Bestellung auslösen kann.

Trend 4: Kunden in den Leistungsprozess integrieren

Wenn der Nachfrager in den Leistungsprozess des Anbieters integriert wird, ist das häufig ein Beispiel für Kundenorientierung. Im Einzelhandel führte das Konzept der Selbstbedienung zu Supermärkten, wie wir sie heute kennen. Der Kunde nimmt abgepackte Ware selbst aus dem Regal, während sonst Bedienpersonal die gewünschte Ware über eine Theke reicht.

  • Der Möbelhersteller und -händler IKEA hat sich an den Kunden orientiert, die ihre Möbel selber abholen und aufbauen wollen, um von geringeren Preisen zu profitieren. Ein Teil der Logistik ist somit auf den Kunden verlagert.
  • Die Restaurant-Kette Vapiano spart am Service, indem der Kunde selber seine Bestellung an der Zubereitungstheke aufgibt, eventuell seinen Salat oder seine Pizza selber zusammenstellt und nach dem Verzehr am Ausgang an einer zentralen Kasse zahlt. Dies wird mit der Orientierung am Wunsch des Kunden begründet, der selber stärker aktiv sein möchte.

Als Ausdruck einer Kundenorientierung wird auch die Einrichtung einer Kunden-Community oder eines Kundenbeirats angesehen. Dabei wird den Nachfragern die Möglichkeit gegeben, Einfluss auf die Gestaltung des Angebots zu nehmen. Die Leistungsanbieter erhoffen sich eine direkte Kommunikation mit den Kunden, um Angebote, die an Kundenbedürfnissen vorbeigehen, zu vermeiden.

Mit den Möglichkeiten der Digitalisierung werden immer mehr Teilprozesse in der Anbahnung und für den Abschluss eines Vertrags auf den Nachfrager verlagert. So können einzelne Bestandteile eines Angebots z. B. über ein Internetportal oder eine App vom Nachfrager nach seinen Wünschen zu einem Angebotspaket zusammengestellt werden. Der Kunde kann sogar Aufgaben übernehmen, für die bislang Sachbearbeiter zuständig waren, indem er Unterlagen mit seinem Smartphone fotografiert und über eine entsprechende App automatisch in die Systeme des Anbieters übermittelt. Bearbeitungsschritte beim Unternehmen vom Post- oder Faxeingang bis hin zur Ablage in der Antrags-, Vertrags- oder Kundenakte können dadurch wegfallen.

Fazit: Konstant ist der Wandel

Alle hier skizzierten Trends haben die Gemeinsamkeit, dass sie die Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen. Es lässt sich allgemein feststellen, dass die digitale Transformation zur Entwicklung neuer Geschäftsmodelle führt, die sich wiederum an Kundenwünschen und Kundenerwartungen orientieren. Da alle Komponenten dieses Regelkreises aus digitalen Möglichkeiten, Geschäftsmodell und Kundenerwartungen sich laufend ändern, wird es immer wieder neue Entwicklungen geben, die sich nach dem Trial-and-Error-Prinzip durchsetzen.

Wie können Unternehmen die Vorteile, die sich aus der Digitalisierung ergeben, für eine höhere Kundenorientierung nutzen? Lesen Sie eine Analyse der wichtigsten Verkaufsprozesse: Kundenorientierung im digitalen Zeitalter: Traumhochzeit oder Rosenkrieg?
Wie weltbekannte Unternehmen die Digitalisierung für die Kundenorientierung nutzen, erfahren Sie in einem 13-seitigen White Paper: Kundenorientierung und Digitalisierung: zehn Beispiele weltbekannter Unternehmen
1 BR.de (2017). Mit Thomas Cook all inclusive um die Welt. URL:  https://www.br.de/themen/wissen/thomas-cook-pauschalreise-100.html
2 T. Kotowski (2014). Auf eigene Faust im fremden Land. URL: http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/trend-individualreisen-auf-eigene-faust-im-fremden-land-13347079.html

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Autor:

Thea Diesner

Professional Consultant, afb Application Services AG