Zurück zur Übersicht

Die Lizenz zum Banking: Regulatorik, FinTech, PSD2 – was bedeutet das für Banken?

Dr. Michael Mette war ein Speaker beim afb Market and Innovation Event 2017, das am 4. Mai 2017 unter dem Motto „CUSTOMER EXPERIENCE STRATEGY – NEXT LEVEL! Wie disruptive Technologien auch Ihre Kunden fesseln“ in München stattgefunden hat.

Interview mit Dr. Michael Mette

Ihr Vortragstitel lautete „DIE LIZENZ ZUM BANKING: Hersteller und FinTechs, die neuen Player der Finanzbranche?“ Wieso sind Sie mit diesem Thema in die Diskussion gegangen?

In den letzten zehn Jahren hat sich der Markt für die etablierten Anbieter wie die Geschäftsbanken und unabhängigen Leasinggesellschaften fundamental verändert, sowohl aus wirtschaftlicher als auch aus regulatorischer und technologischer Sicht. Diese Entwicklung wirft Fragen auf. Wie können etablierte Finanzdienstleister ihre Geschäftsprozesse gegebenenfalls gemeinsam mit FinTechs optimieren und neue Ideen rechtlich bzw. regulatorisch angemessen integrieren? In welchen Fällen benötigen Nicht-Banken eine Erlaubnis zum Anbieten von Finanzdienstleistungen bzw. wie lassen sich Erlaubnispflichten vermeiden, um Geschäftsmodelle attraktiv zu gestalten?

Es war mir ein persönliches Anliegen, die Teilnehmer des Events hinsichtlich dieser Fragestellungen, die insbesondere seit Beginn der Start-up- und FinTech-Gründungs-Ära eine hohe Aufmerksamkeit erfahren, zu informieren und dabei die operative Sicht mit den neuesten rechtlichen und regulatorischen Anforderungen zu kombinieren. Das hohe Interesse seitens des Fachpublikums hat die Aktualität dieses Themas verdeutlicht.

Welche konkreten Auswirkungen haben diese Entwicklungen auf die Finanzdienstleister und die übrige Industrie?

Der Druck auf die Geschäftsmodelle kommt aus drei Richtungen:

  1. Die hohe Verfügbarkeit von Liquidität und die langjährig sehr niedrigen Zinsen haben zum Einbruch der Erträge geführt.
  2. Die Regulierung hat eine deutliche Komplexitätserhöhung und Kostensteigerungen mit sich gebracht.
  3. Die technologische Entwicklung hat viele Ideen entstehen lassen, die es Finanzdienstleistern ermöglichen, Produkte und Services smarter, schneller und kostengünstiger an den Markt zu bringen.

Weshalb hat die technologische Entwicklung eine hohe Bedeutung? Haben wir diese Entwicklung nur den FinTechs zu verdanken?

In früheren Jahren waren die Entwicklungszyklen von Produkten und IT-Anwendungen oft auf mehrere Jahre festgelegt. Die Institute wollten möglichst viel selbst machen. In den letzten 15 bis 20 Jahren hat sich dies jedoch stark gewandelt. Unternehmen möchten nur noch die Geschäftsprozesse selbst abbilden, die ihre Kernkompetenzen stärken. Alles andere soll an geeignete Dienstleister, wie z. B. sogenannte Business Information und Transformation Partner, ausgelagert werden. FinTechs sind seit einigen Jahren in diesen Bereich eingedrungen, was die regulatorischen Rahmenbedingungen ermöglicht haben, etwa die Regeln zu Auslagerungen.

Werden zukünftig nur noch FinTechs oder andere Spezialisten Finanzprodukte anbieten oder abwickeln?

Davon ist nicht auszugehen. FinTechs sind ja nicht per se erfolgreich. Viele Start-ups scheitern. Gerade bei den Zahlungsdienstleistern kommen beispielsweise Änderungen durch die Payment Service Directive 2 (PSD2) Umsetzung im nächsten Jahr. Diese zielt darauf ab, Verbraucherschutz und Rechtssicherheit zu verbessern, technische Innovationen zu fördern und den Wettbewerb zu erhöhen [1]. Diese Änderungen werden auch manche FinTechs unter Druck setzen. Die etablierten Banken und Leasinggesellschaften werden ihre Existenzberechtigung behalten, so lange sie eine Eigenkapitalverzinsung erreichen, die ihre Eigentümer zufriedenstellt und so lange sie die Bedürfnisse ihrer Kunden erfüllen. Neue Geschäftsmodelle sind keine langfristige Garantie für Erfolg und Rentabilität, man denke nur an die seit ein paar Jahren etablierten Crowdfunding-Plattformen. Bis heute haben diese keine signifikanten Marktanteile erreicht. Die Zukunft der Finanzdienstleistungen sieht sicherlich so aus, dass noch mehr Spezialisten (z. B. Ein-Produkt-Anbieter), aber auch viele ergänzende und nicht-regulierte Angebote bzw. Anbieter entstehen werden.

Herr Dr. Mette, wir bedanken uns für das Gespräch.

Ich danke Ihnen und empfehle gerne allen Lesern das afb Market and Innovation Event. Das Event bietet stets wertvolle Denkanstöße und konkrete Lösungen hinsichtlich aktueller Herausforderungen, denen Entscheider und Experten von Finanz- und Serviceprovidern, Herstellern und Handel gegenüberstehen. Deshalb bin ich schon sehr auf die Themen und Experten des afb Market and Innovation Event 2018 gespannt.

Impressionen des afb Market and Innovation Event 2017: www.afb.de/mie2017

1 BaFin (2016). Zweite Zahlungsdiensterichtlinie: Neue europäische Vorschriften für Zahlungsdienstleister. URL: https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Fachartikel/2016/fa_bj_1603_zweite_zahlungsdiensterichtlinie.html

BDO Legal Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Dr. Michael Mette

Autor:

Dr. Michael Mette

Head of Banking and Financial Services, BDO Legal Rechtsanwaltsgesellschaft mbH